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Kletterschuhe: Welchen Einfluss haben sie auf die Leistung, wie werden sie gebaut und sind sie es wert?

Jasper Johns 0

Einleitung

Als Sportart mit einer relativ jungen Geschichte hat das Klettern in den 1970er Jahren an öffentlicher Popularität gewonnen. In der Anfangsphase des Sports wurde es von der Gesellschaft nicht allgemein als Sportart akzeptiert, und lediglich „Verrückte“ oder soziale Ausgestoßene, die in ihren Autos lebten, bezeichneten sich als Kletterer. Es gab keine Regeln oder Vorschriften, wenn es um Ausrüstung, Sicherheit oder die Beurteilung der Leistung oder Schwierigkeit einer Kletterroute ging. Eine Bewegung, die in den 70er Jahren im berühmten Yosemite Valley im Yosemite-Nationalpark stattfand, verhalf dem Sport zu einer gewissen öffentlichen Anerkennung. Nach diesen ersten Pionieren, die fast alles kletterten, was in normalen Schuhen und mit statischen Seilen möglich war, begannen immer mehr Menschen das Klettern als eine Möglichkeit zu betrachten, Freiheit zu entdecken, und das Klettern als eine echte Sportart anzuerkennen. Als das öffentliche Interesse immer grösser wurde, begannen wurden erste Firmen und Verbände gegründet, die dem Sport einen greifbaren Rahmen gaben. Es wurden Bewertungssysteme entwickelt, um den Schwierigkeitsgrad einer Route zu beurteilen und die Leistung über Regionen und Länder hinweg vergleichbar zu machen. Da der Sport immer leistungsorientierter wurde, suchten die Kletterer nach Möglichkeiten, ihre Leistung zu steigern.
Ein Weg war die Einführung von Trainingsprogrammen, die dazu beitrugen, die spezifischen aktiven und passiven Strukturen des Körpers zu stärken, die für den Durchstieg einer schweren Route erforderlich sind. Ein anderer Weg war die Entwicklung und Verbesserung der von den Bergsteigern benutzten Ausrüstung. In der Zwischenzeit hatten sich verschiedene Disziplinen entwickelt, die einst unter dem Namen Klettern zusammengefasst wurden. Heute gibt es zwar mit Bouldern, Sportklettern, Trad-Klettern, Felsklettern, Speedklettern, Rissklettern und verschiedenen weiteren Unterdisziplinen, aber eines haben sie alle gemeinsam: einen Schuh, der für das ungeübte Auge immer recht ähnlich aussieht.
Für einen Kletterer bietet der Schuh eine ganze Welt von Möglichkeiten und ist notwendig geworden, um schwierige Routen zu bewältigen, da er beim Klettern zu einer Art zweiter Haut wird. Ein erfahrener Kletterer wählt einen Schuh aufgrund der Ansprüche einer bestimmten Kletterei aus. Es gibt verschiedene Felsarten, unterschiedliche Neigungen der Route und die Größe der Tritte, die berücksichtigt werden müssen. Während eine steile oder sogar überhängende Kletterroute mit scharfem Fels und kleinen Griffen einen sehr steifen Schuh mit aggressiver, nach unten gerichteter Spitze und hartem Gummi erfordert, wird für eine Route an einer positiv geneigten Wand (Platte) mit sehr runden Strukturen, die fast keine scharfen Kanten aufweisen, eine weiche Sohle mit einer fast flachen Form benötigt. Welche Leistungsaspekte in den verschiedenen Disziplinen zu berücksichtigen sind und welche Produkt- und Materialeigenschaften eines Schuhs verändert werden können, wird zusammen mit den Ergebnissen der aktuellen Forschung in den folgenden Kapiteln diskutiert.

Klettern verstehen

Disziplinen und Anforderungen

Wie in der Einleitung erwähnt, gibt es viele verschiedene Disziplinen des Kletterns und noch mehr Stile in diesen. Sie alle mit ihren individuellen Aspekten und Unterschieden abzudecken, würde der Analyse der getragenen Schuhe nicht viel beitragen. Deshalb wird der Schwerpunkt auf die beiden prominentesten Disziplinen des Kletterns gelegt, die auch die grössten Unterschiede in der Struktur der Routen und den Bereichen der benötigten körperlichen Fitness aufweisen und daher eine fundierte und gezielte Wahl der Schuhe erfordern.

Bouldern

Bouldern ist eine Art des Kletterns, die in kleinen Höhen bis 4 – 6m stattfindet und ohne jegliche Form von Sicherheitsausrüstung, außer Matten auf dem Boden, um einen Sturz abzufedern, durchgeführt wird. Da die Routen nicht so lang sind, ist die Dichte schwerer und kraftvoller Bewegungen beim Bouldern viel höher als bei jeder anderen Form des Kletterns. Die Neigung der Wand ist oft überhängend oder sogar parallel zum Boden. Kletterer, die beim Bouldern Herausragendes leisten wollen, brauchen viel Explosivkraft, um lange Züge machen zu können, die auch Sprünge einschließen können, viel Fingerkraft, um sich an Griffen, die so klein werden können wie eine Kreditkarte dünn ist, festhalten zu können und vor allem Körperspannung.

Wenn der Körper parallel zum Boden ausgerichtet ist, nimmt auch der Hebelarm der angreifenden Kräfte zu und führt zu sehr hohen Drehmomenten um die Kontaktstellen. Meistens geschieht ein Sturz in einer solchen Situation, weil der Kletterer nicht genügend Rumpfspannung erzeugen kann oder weil die Füße aufgrund einer unpräzisen Platzierung oder mangelnder Reibung abrutschen (Noé, Quaine, & Martin, 2001; F. Quaine & Martin, 1999).

Lead Climbing

Das Vorstiegsklettern kann als der klassische Kletterstil angesehen werden. Die Routen im Vorstiegsklettern sind normalerweise etwa 30 m lang, können aber im Extremfall bis zu 80 m lang sein. Der Kletterer trägt einen Klettergurt und ist an einem Seil gesichert. Entlang der Route gibt es Haken mit regelmässigen Abständen, und der Kletterer klippt das Seil in so genannte Expressschlingen (zwei Karabiner, die durch ein Stück Gewebe verbunden sind; ein Ende wird in den Haken in der Wand eingehängt, während das andere Ende frei hängt, bis das Seil daran gesichert ist), um große Stürze zu verhindern. Während solche Routen auch oft überhängende Teile enthalten, ist es auch in schweren Routen üblicher, dass Abschnitte an geraden Wänden oder Platten geklettert werden. Bei diesen hat die Wand eine positive Neigung, und mit zunehmender Schwierigkeit der Route werden die Tritte für die Füße kleiner, bis fast nichts mehr zum Stehen übrig bleibt. Wenn die Griffe kleiner und runder werden, nimmt die Rolle der Reibung drastisch zu. Bis zu einem gewissen Punkt ist es vor allem eine Frage der Fußmuskulatur und der Technik, auf einem Griff stehen zu können. Ab diesem Punkt kann sich ein Kletterer nur noch auf die Traktion zwischen seinen Schuhen und der Wand verlassen, um eine Kletterroute erfolgreich zu beenden.

Abbildung 1: Winzige Fußtritte in einer Kletterroute.

Betrachtet man die beiden unterschiedlichen Disziplinen, so gibt es bestimmte Situationen, die immer wieder in verschiedenen Routen auftreten. Überhängende oder plattige Abschnitte treten in einer Boulderroute oft isoliert auf, während bei den längeren Vorstiegsrouten häufiger Kombinationen auftreten. Abhängig von den verschiedenen Abschnitten in einer Route könnte ein Kletterer einen aggressiveren und härteren Schuh wählen, um auf kleinen und scharfen Kanten stehen zu können und die Füße auf überhängendem Gelände vor dem Abrutschen zu bewahren, oder das genaue Gegenteil wählen. Das Stehen auf Platten mit sehr runden Kanten wird auch Schmieren genannt und erfordert einen sehr weichen Schuh mit einer flacheren Sohle, um die Kontaktfläche zwischen den Füßen und der Wand zu maximieren.

Leistungsfaktoren im Klettersport

Da Klettern als Freizeit- und Wettkampfsport immer beliebter wird, besteht Bedarf an einer validen und zuverlässigen Leistungsbewertung. Um das Leistungsniveau zu quantifizieren, ist es wichtig zu wissen, welche Faktoren zur Leistung in den verschiedenen Disziplinen des Kletterns beitragen und wie man sie messen kann. Welche Faktoren tragen am meisten zur Leistung beim Klettern bei? Um diese Frage zu beantworten, führten Magiera et al. (2013) eine kanonische Analyse von 45 Parametern durch und teilten sie in drei Gruppen ein, um den „reinen“ Beitrag jeder Variablen zur Kletterleistung am Fels herauszufinden. Sie konnten zeigen, dass die Einflüsse der physiologischen & anthropometrischen (38%), der koordinativen & technischen (33%) und der mentalen & taktischen Merkmale (25%) ähnlich, aber doch unterschiedlich waren.

Abbildung 2: Leistungsbeeinflussende Faktoren beim 100m Sprint, Klettern und im Golf. Aus Magiera et al. (2013) nach Hörst (2003).

Sie verglichen die Zahlen ihrer Analyse mit einem von Hörst (2003) postulierten Gedankenmodell, in dem er die leistungsbestimmenden Merkmale verschiedener Sportarten vorstellte. Beide Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Leistungsstruktur beim Klettern komplex und vielschichtig ist.

Die Koordinations- und Technikaspekte werden wahrscheinlich am stärksten von den Kletterschuhen beeinflusst. Sie ermöglichen es dem Kletterer, fortgeschrittene Techniken anzuwenden, und da sie 33% zur Leistung während des Kletterns beitragen, kann ihr Einfluss auf das Ergebnis eines Kletterns enorm sein. Natürlich kann das Tragen besserer oder neuerer Schuhe die Fähigkeiten eines Kletterers nicht verbessern, aber es kann helfen, das volle Leistungspotenzial auszuschöpfen. Andererseits kann das Tragen eines falschen oder schlecht sitzenden Schuhs ein großes Handicap sein. Abrutschen und Stürzen können eine direkte Folge der Wahl des falschen Schuhs sein.

Man könnte auch argumentieren, dass es einen Einfluss auf die mentale Seite des Kletterns gibt, denn „den Füßen vertrauen“ ist ein gängiges Sprichwort unter Kletterern. Dies hat wahrscheinlich weniger Einfluss auf die Leistung als das Abrutschen von einem Tritt aufgrund eines ungeeigneten oder alten Schuhs, sollte aber dennoch in Betracht gezogen werden.

Die Wichtigkeit der Lastverteilung

Erste biomechanische Analysen des Kletterns wurden in den späten 1990er Jahren durchgeführt. In ihrer Arbeit von 1997 beschreiben Quaine et al. die Rolle der oberen und unteren Gliedmaßen wie folgt:

„Beim Felsklettern besteht die funktionelle Rolle der oberen Gliedmaßen darin, die Körperhaltung durch Kontaktkräfte zu stabilisieren, während die unteren Gliedmaßen das Körpergewicht durch vertikale Kräfte tragen.“

In einer früheren Studie aus dem Jahr 1996 untersuchten Quaine et al. verschiedene Strategien zur Gewichtsverteilung, wenn eine Hand freiwillig in einer vertikalen Position an einer Kletterwand und in einer horizontalen Position am Boden losgelassen wurde. In einer vertikalen Position schien das Ziel der Lastverteilung in einem tripedalen Zustand eine gleichmäßige Verteilung zu sein. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass dies der Fall war, da es dem Kletterer ermöglicht, jedes andere Körperteil in der folgenden Bewegung zu lösen, ohne einen Sturz zu riskieren. In einer horizontalen Position konnten die Versuchspersonen nicht die gleiche Strategie verfolgen, sondern mussten sich auf eine diagonale Umverteilung der Kräfte verlassen, um die Position halten zu können.

Um zu quantifizieren, wie die Füsse während des Kletterns zum Tragen des Körpergewichts beitragen, analysierten Noé et al. (2001) zusätzlich die auf die verschiedenen Unterstützungspunkte wirkenden Momente. Sie betrachteten die Verteilung bei vier Kontaktpunkten und nach dem freiwilligen Loslassen eines Fusses beim Hängen an zwei unterschiedlich stark geneigten Wänden (0° und 10°). Sie stellten fest, dass an der vertikalen Wand eine eher kontralaterale Verschiebung der Kräfte stattfand, um ein Gleichgewicht der Momente aufrechtzuerhalten. In der überhängenden Position wurden die Momente um die Sagittalachse verringert, und die Strategie nach dem Lösen eines Haltes bestand darin, die Kräfte gleichmäßig zu verteilen. Den Autoren zufolge geschah dies zur Verstärkung der Sicherheit für den Fall, dass eine der verbleibenden Stützpunkte unerwartet abrutschen sollte.

Für Kletterschuhen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass an einer vertikalen Wand der Widerstand gegen Abrutschen aufgrund von Drehmomenten um die Sagittalachse und die Aufnahme des Körpergewichts die Hauptziele sind. Wenn ein Kletterer an einer geneigten Wand ist, scheint es wichtiger zu sein, nach dem Loslassen einer Gliedmaße die Belastung auf einen Tritt zuverlässig erhöhen zu können. Dies geschieht, um die Sicherheit im Falle eines Abrutschens zu verstärken oder um sich auf eine nachfolgende Bewegung vorzubereiten.

Hebelarme kontrollieren

Beim Klettern ist es gängig, sehr enge Schuhe zu tragen. Dies wird in der Regel durch die Wahl von Schuhen erreicht, die einige Größen kleiner sind als bequem passende Straßenschuhe. Es hat sich gezeigt, dass dieser Effekt mit der Kletterfähigkeit korreliert ist und mit ihr zunimmt (McHenry, Arnold, Wang, & Abboud, 2015). Es hat sich auch gezeigt, dass die Menschen ihre Kletterschuhe bis zu 6,5 Größen kleiner als ihre Straßenschuhe wählen, wobei die meisten von ihnen im Größenbereich 2,5-5 liegen (Abbildung 3).


Abbildung 3: Bilder der normalen Schuhe, Füße und Kletterschuhe eines Kletterers

Es gibt zwei Hauptmechanismen, die die Leistung beim Tragen solch kleiner Schuhe erhöhen. Einer davon ist direkt mit dem engen Sitz des Schuhs rundum verbunden. Wenn der Schuh so klein ist, dass er den Fuß in eine bestimmte Position zwingt, ist es unwahrscheinlicher, dass sich der Fuß im Schuh bewegt. Wenn dies geschieht, verlieren alle anderen Eigenschaften wie die Reibung des Gummis oder die Härte der Sohle an Bedeutung, da der Schuh nicht mehr in die vorgesehene Richtung belastet wird und höchstwahrscheinlich die Traktion verliert.

Der andere Mechanismus ist mit dem Hebelarm verbunden. Wenn ein kleinerer Schuh getragen wird, erhöht sich nicht nur die Passgenauigkeit, sondern auch die Länge des Schuhs nimmt ab. In ihrem Paper drückten McHenry et al. (2015) die Länge des Schuhs im Verhältnis zur Fußlänge aus. Mit zunehmender Kletterfähigkeit nahm die Häufigkeit niedrigerer Werte zu, wobei einige sogar Werte von nur 90% erreichten. Da das zu erzeugende Moment von der Kraft der Belastung und dem Quadrat des Hebelarms abhängt, kann jeder eingesparte Zentimeter den Unterschied ausmachen. Bei dem Verhältnis von Fuss zu Schuh von 0.9 kann somit das wirkende Moment um bis zu 19% reduziert werden.

Abbildung 4: Schematische Abbildung der Position eines Fußes in einem Kletterschuh (McHenry et al., 2015).

Eine weitere Möglichkeit, den Hebelarm zu verringern, ist die Verwendung eines aggressiv geformten Schuhs. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Spitze des Schuhs nach unten gerichtet ist. Einerseits wird dadurch der Hebelarm der einwirkenden Kräfte verringert, andererseits entsteht  eine halbstarre und gerade Plattform geschaffen, auf der man stehen kann, sobald der Schuh belastet wird.

Das Prinzip von Kletterschuhen

Nach der Beschreibung der verschiedenen Möglichkeiten, wie ein Kletterschuh die Leistung eines Kletterers beeinflussen kann, befasst sich dieses Kapitel mit der Struktur und den verschiedenen Arten von Kletterschuhen und ihrer Konstruktion.

Struktur von Kletterschuhen

Wie jeder andere Sportschuh besteht ein Kletterschuh aus einem Obermaterial, einer Zwischensohle und einer Laufsohle. Eine Einlegesohle gibt es in der Regel nicht, da sie das Verhalten des Schuhs nicht beeinflusst. Die Innenseite des Schuhs besteht in der Regel aus Leder, Kunstleder oder einer anderen Art von weichem Gewebe. Die Hauptfunktion besteht hier darin, eine starre Grundschicht zu bilden, um die herum der Rest des Schuhs aufgebaut werden kann. Die Zwischensohle eines Kletterschuhs wird aus Gummi oder sogar aus Plastik hergestellt. Das für die Zwischensohle gewählte Material beeinflusst die Gesamtsteifigkeit des Schuhs. Die meisten aggressiven Schuhe haben eine harte Zwischensohle aus einem Kunststoff, der dem Schuh seine Form gibt und eine langlebige Struktur bietet. Weiche Schuhe hingegen werden manchmal ohne jegliche Art von Zwischensohle gebaut, um die Sohle so dünn wie möglich zu machen und dem Fuß viel Feingefühl und Flexibilität zu verleihen.

Der grösste Unterschied in der Struktur eines Kletterschuhs im Vergleich zu anderen Arten von Sportschuhen liegt wahrscheinlich im Obermaterial. Klettern ist eine der wenigen Sportarten, bei der die Oberseite des Fußes tatsächlich in Bewegungen involviert ist und bei einem „Toehook“ mit der Wand/dem Boden in Kontakt kommt.

Um eine gute Traktion und Stabilität zu gewährleisten und diese Position bequemer zu machen, befindet sich bei vielen Kletterschuhen ein „Toe Patch“ aus Gummi auf dem Obermaterial.

Abbildung 5: Fuß eines Kletterers in der „Toehook“-Position

Form

Bei Kletterschuhen gibt es zwei Formeigenschaften, die sich von Modell zu Modell unterscheiden. Eine davon ist die so genannte „Vorspannung“ und die andere die Asymmetrie der Form. Die Vorspannung eines Schuhs bezieht sich auf die Wölbung des Schuhs in Ruhestellung. Ein stark gespannter oder aggressiver Schuh wird nicht in der Lage sein, flach auf einem Tisch zu liegen, da der Bogen so ausgeprägt ist, dass nur die Zehenspitzen und die Ferse ihn berühren. Je aggressiver ein Schuh wird, desto besser funktioniert er auf kleinen Tritten, aber er wird auch unbequemer. Die Vorspannung eines Kletterschuhs kann entweder neutral, moderat oder aggressiv sein. Während die meisten Anfängerschuhe eine sehr geringe Vorspannung haben, um den Komfort zu erhöhen, bedeutet dies nicht unbedingt, dass sie an der Wand schlechter abschneiden. Auf Platten und beim Schmieren schneidet ein neutraler Schuh in der Regel besser ab, da diese Art des Kletterns auf Reibung beruht und daher eine größere Kontaktfläche zwischen Fuß und Wand erfordert.

Die Asymmetrie eines Kletterschuhs ist grösser, wenn die Schuhspitze nicht nach vorne, sondern mehr nach innen zeigt. Wenn man einem Kletterschuh eine solche Form gibt, erhöht sich seine Leistung auf winzigen Tritten drastisch. Wenn die Standfläche so klein wird, dass nicht einmal eine halbe Zehe die Wand berührt, bietet die Asymmetrie des Schuhs einen natürlichen Widerstand des Schuhs gegen Verbiegen. Die Vergrößerung der Asymmetrie eines Schuhs macht ihn sehr unbequem und wird in der Regel nur bei high-performance Schuhen eingesetzt.

Material

Bei Kletterschuhen sind Leder und Gummi die beiden am häufigsten verwendeten Materialien. Während Leder die Basis eines Schuhs bildet und ihm seine Form gibt, beeinflusst die Wahl des Gummis die Leistung und Langlebigkeit des Schuhs.

In Kletterschuhen kann entweder natürliches oder synthetisches Leder verwendet werden. Naturleder ist etwas teurer, aber es erlaubt dem Schuh, sich mit der Zeit leicht zu dehnen und um den Fuß des Kletterers herum zu modellieren. Dadurch wird der Schuh auf lange Sicht bequemer, aber auch anfälliger für Abnutzung. Da Kletterschuhe in der Regel barfuß getragen werden, ist die natürliche Geruchsresistenz eine weitere willkommene Eigenschaft von Naturleder. Kunstleder hingegen sorgt für eine dauerhafte Form und Passform des Schuhs, die über Monate hinweg sehr formbeständig ist.

Der Hauptunterschied zwischen verschiedenen Gummiarten in Kletterschuhen ist die Härte. Ein harter Gummi bietet eine sehr gute Abriebfestigkeit und sorgt für eine längere Lebensdauer des Schuhs. Die Wahl eines Schuhs mit einem weichen Gummi verleiht dem Kletterer mehr Reibung und ein sensibleres Gefühl für die Wandoberfläche. Der weichere Gummi verformt sich leichter und gräbt sich in die Struktur der Wand ein, wodurch die Kontaktfläche vergrößert wird. Da er sich leichter verformen lässt, reißen auch kleine Teile davon viel schneller ab, was zu einem erhöhten Verschleiß des Schuhs führt. Obwohl ein mittelharter Gummi die besten Eigenschaften beider Seiten zu vereinen scheint, ist er in der Regel nur ein Kompromiss und nicht für high-performance Schuhe geeignet. Der weichere Gummi funktioniert besser auf Platten und beim Schmieren, während der härtere Gummi besser in überhängendem Gelände mit kleinen Tritten und Hooks funktioniert.

Es gibt viele Eigenschaften, die an einem Kletterschuh verändert werden können, damit er in bestimmten Situationen besser funktioniert. Das bedeutet auch, dass es keinen Allround-Schuh gibt, der alles kann, sondern nur den perfekten Schuh für eine bestimmte Situation.

Ein Beispiel kann helfen, die Bedeutung der Wahl des richtigen Kletterschuhs zu verdeutlichen.

Die bisher schwerste Sportkletterroute, die geklettert wurde, heißt „Silence“ und wurde nur von dem bekannten Kletterer Adam Ondra geklettert. Nachdem er die Route nach langer Zeit geschafft hatte, musste er einen neuen Schwierigkeitsgrad einführen, um die Kletterroute zu bewerten, da er der Meinung war, dass es bisher keine vergleichbare Schwierigkeit gab. Um diese Route zu klettern, musste er im Laufe von drei Jahren mehrmals nach Nordnorwegen reisen und konnte sie nur mit zwei verschiedenen Schuhen bewältigen. Er musste dies tun, da die schwierigste Schlüsselsequenz der Route nur aus einem kleinen Riss besteht, der fast parallel zum Boden verläuft. Er musste für einen seiner Füße einen Schuh finden, der perfekt in den Riss passte und es ihm erlaubte, ihn über seinem Kopf zu positionieren, um in dieser Situation seine Hände frei bewegen und die Route beenden zu können.

Fazit

Die Bedeutung von Kletterschuhen und deren Einfluss auf die Leistung zu beschreiben, ist ohne geeignete Hilfsmittel zur Beurteilung der Leistung eines Kletterers nicht möglich. Während es verschiedene Forschungsprojekte gab, die sich mit der spezifischen Rolle von Händen und Füßen beim Klettern in verschiedenen Situationen befassten, scheint es keine öffentlich zugängliche Forschung zu geben, die den Einfluss von Form und Aufbau eines Kletterschuhs auf seine Leistung systematisch analysiert. Da das Klettern immer beliebter wird und auch die Zahl der Kletterschuhhersteller wächst, wird es immer schwieriger, den Überblick über das Angebot an verschiedenen Kletterschuhen zu behalten. Für Anfänger gibt es gewisse etablierte Regeln und Meinungen über die richtige Wahl der Schuhe, aber es scheint, dass diese sich nur auf Erfahrung und nicht auf experimentelle Daten stützen. Im Bereich des Höchstleistungskletterns besteht definitiv die Notwendigkeit, die Funktionsprinzipien von Kletterschuhen vollständig zu verstehen, um den Kletterern dabei zu helfen, bei Wettkämpfen bessere Leistungen zu erbringen und neue, schwerere Routen zu erschließen. Weitere Forschung sollte sich auf das Verständnis der zugrunde liegenden Prinzipien der Beinarbeit beim Klettern und der Schuh-Wand-Interaktion für verschiedene Materialien und Schuhformen konzentrieren.

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Abbildungen

Abbildung 1: http://howtoclimbharder.com/wp-content/uploads/2016/01/5041470940_39cb20faf3_o.jpg
Abbildung 2: Aus Magiera et al. (2013), adaptiert von Hörst (2003)
Abbildung 3: Füße des Autoren.
Abbildung 4: Aus McHenry et al. (2015)

Abbildung 5: https://betatogether.com/wp-content/uploads/2017/12/toe-hook-Climbing-Moves-1.jpg

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