Die wöchentliche Zusammenfassung von dem, was in der Welt der Biomechanik so abgeht.
Biomechanik der Unteren Extremität
In dieser Woche werden wir zwei Vorabdrucke von Zeitschriften präsentieren, die kürzlich vom Journal of Biomechanics online zur Verfügung gestellt wurden. In der ersten wird ein neuartiger Ansatz zur Identifizierung von Fußkontaktparametern im Feld diskutiert, in der zweiten geht es um die Auswirkungen des Marschierens mit einer Last, wie es Soldaten tun, auf das Risiko einer Kniearthrose.
Identifizierung des Fußkontakts mit einem einzigen dreiachsigen Beschleunigungsmesser während des Laufens:
Für viele biomechanische Forschungen müssen wir Datensätze über die Parameter des Fußkontakts erfassen. Dies können etwa die Kontaktzeit, die Dauer der Schwungphase oder die Geschwindigkeit der Tibia beim Toe-off sein. Man kann diese Daten zum Beispiel mit markerbasierter Motion-Capturing oder mit Beschleunigungsmessern erfassen. Zwei Forscher der Drexel University (Pennsylvania) versuchten nun, den Fußkontakt mit nur einem Beschleunigungsmesser an der distalen Tibia zu messen und verglichen die Ergebnisse mit den Outcomes einer Kraftmessplatte. Sie fanden heraus, dass die Unterschiede in der mit beiden Methoden bestimmten Fußkontaktzeit in 183 von 190 Versuchen weniger als 10 ms betrugen. Sie kamen also zu dem Schluss, dass die Methode eine gültige Methode zur Beurteilung der Fußkontaktzeit ist. Es könnte eine vielversprechende Methode sein, da die Materialanforderungen vergleichsweise gering sind und das Gerät tragbar ist, und sich daher für die Feldforschung qualifiziert. Es wäre interessant zu sehen, welche weiteren Parameter mit diesem Ansatz messbar sind.
Aubol, Kevin G.; Milner, Clare E. (2020): Foot contact identification using a single triaxial accelerometer during running. In: Journal of Biomechanics, S. 109768. DOI: 10.1016/j.jbiomech.2020.109768.
Die Größe der Last und die Fortbewegungsstrategie verändern das Knee Total Joint Moment bei zweibeinigen Aufgaben bei Frauen im Rekrutenalter:
Bei Soldatinnen scheint Kniearthrose (OA) überdurchschnittlich prävalent zu sein. Die langfristigen Auswirkungen der OA sind ziemlich bekannt, und es werden diverse Anstrengungen unternommen, um ihre Prävalenz zu verringern. Soldaten und Soldatinnen müssen oft lange Strecken oberhalb ihrer normalen Ganggeschwindigkeit laufen und dabei schwere Lasten tragen, was als Marschieren bezeichnet wird. Dies ist ein möglicher Mechanismus, um die höhere Rate an OA bei den Soldaten zu erklären. Eine Gruppe von Forschern aus den USA und Großbritannien hat nun das Knee total Joint Moment (KTJM) bei gesunden Frauen während des Laufens und Marschierens mit einer zusätzlichen Last von bis zu 45% ihres Körpergewichts bestimmt. Das KTJM wurde beim Fersenauftritt und in der Mitte der Standphase analysiert. Interessanterweise war das KTJM beim Fersenauftritt beim Marschieren größer, aber „mid-stance“ war es niedriger als beim Laufen. In der mid-stance Position war der prozentuale Beitrag des Knieadduktionsmoments (KAM%) beim Marschieren größer als beim Laufen. Wir wissen, dass der KAM% ein wichtiger Marker für den OA-Pathomechanismus ist. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass bei längerer Exposition die Gelenkkinetik beim Marschieren schädlich zu sein scheint.
Krajewski, Kellen T.; Dever, Dennis E.; Johnson, Camille C.; Rawcliffe, Alex J.; Ahamed, Nizam U.; Flanagan, Shawn D. et al. (2020): Load Carriage Magnitude and Locomotion Strategy Alter Knee Total Joint Moment during Bipedal Ambulatory Tasks in Recruit-Aged Women. In: Journal of Biomechanics, S. 109772. DOI: 10.1016/j.jbiomech.2020.109772.
Teil 2 der Sport Biomechanik Online Vorlesungsreihe
Im Fokus des zweiten Teils der Sport Biomechanik Online Vorlesungsreihe des ISBS stand der Cricket Sport. Die erste der zwei Vorlesungen wurde von Dr. Paul Felton, von der Nottingham Trent University, gehalten. In seinem pyramidenförmig aufgebauten Vortrag beginnt er allgemein zu erklären: Was ist ein Impuls? Was ist Trägheit? Was sind Körpersegmente? Von dort kommt er mit Hilfe passender Experimente aus der Physik in einem gelungenen Übergang zur Biomechanik des Cricket Bowlings. Dr. Felton erklärt, wie man mit Hilfe der Wissenschaft die beste Technik und individuelle Variationen ermitteln kann. Schau es Dir an:
Der zweite Vortrag wurde vom Organisator der Veranstaltungsreihe, Stuart McErlin-Naylor von der University of Suffolk, gehalten. Hier spricht er über die die Einflussfaktoren beim Cricket Batting, über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen und wie man eben diese Faktoren am besten trainieren sollte. Wir empfehlen, beide Vorträge in der richtigen Reihenfolge anzusehen! Hier geht es zum zweiten Teil:
Vorlesung 4 (Dr. Johannes Funken: Long Jump with a Sport Prosthesis) kannst Du am 07.04.2020 um 22:00 CET live verfolgen. Vorlesung 5 (Dr. Wouter Hoogkamer: Running Footwear and 2 Hour Marathon) findet am 10.04.2020 um 15 Uhr CET statt. Richte Dir doch hier schon mal einen Wecker ein!
ESB Webinarreihe
Wusstet ihr, dass auch die Europäische Gesellschaft der Biomechanik eine kostenlose Webinarreihe hostet? Diese startete aber bereits vor der großen Corona-Pandemie in Europa. Hier erklären renommierte Wissenschaftler den Umgang mit Software wie SimVascular, OpenSim oder wie in der neusten Ausgabe mit FEBio. Dies ist ein frei verfügbarer Finite-Elemente-Software, die speziell für die Lösung von Problemen in der computergestützten Biomechanik und Biophysik entwickelt wurde. Vergangenen Montag erläuterte Dr. Steve Maas sehr detailliert wie man CAD Modelle importiert und FE Netze generiert, wie man die Rahmenbedingungen, Materialparameter und Analyseeinstellungen festlegt, wie man die Analyse durchführt und wie man die Ergebnisse visualisiert und animiert. Falls Du das Tutorial verpasst hast, kannst du es unter folgendem Link nachholen: