Die wöchentliche Zusammenfassung von dem, was in der Welt der Biomechanik so abgeht.
Verletzungen und Risse des vorderen Kreuzbandes (ACL) sind ein bekanntes Problem, dessen Diskussion in der Biomechanik ein wiederkehrendes Thema ist. Kürzlich kam eine Gruppe von Wissenschaftlern auf die Idee, diese Verletzungsmuster in menschlichen Präparaten zu reproduzieren. Viel Spaß beim Lesen!
Zeitpunkt der Dehnungsreaktion des ACL und MCL im Verhältnis zur Impulsabgabe bei simulierten Landungen, die zum Versagen des ACL führen
Die Arbeit wurde kürzlich im Journal of Applied Biomechanics veröffentlicht und ist komplett frei zugänglich. Die Gruppe, das sind Nathaniel A. Bates , Nathan D. Schilaty, Ryo Ueno und Timothy E. Hewett, hatte sich zum Ziel gesetzt, die Auswirkungen einer simulierten Landung mit anschließender Verletzung des ACL zu untersuchen. Die Gruppe konzentrierte sich hauptsächlich auf die Entwicklung der Belastung über die Zeit und versuchte, die zeitlichen Aspekte der Verletzung zu verstehen.
Zu diesem Zweck stattete die Gruppe 35 untere Extremitäten – ex vivo – mit Dehnungsmessstreifen an ihren Kreuzbändern und medialen Seitenbändern (MCL) und fixierte die Probe in einer dynamischen Aufprallvorrichtung. Die Gruppe war so in der Lage, verschiedene Landeprofile zu simulieren, die jeweils mit einem unterschiedlichen Verletzungsrisiko verbunden waren. Sieh dir den Aufbau auf dem Bild unten an:

https://journals.humankinetics.com/view/journals/jab/36/3/article-p148.xml?tab_body=fullHtml-6709
Die Gruppe stellte fest, dass Videos von Verletzungen des Kreuzbandrisses zeigen, dass die Risse innerhalb von 50 Millisekunden nach dem ersten Kontakt auftreten. Allerdings sind Videos hier ein recht unpräzises Mittel um die genauen zeitlichen Parameter einer Verletzung zu identifizieren, und so erfolgte die Datenerfassung indirekt. Unter Verwendung des beschriebenen Aufbaus stellte die Gruppe fest, dass die mittlere Zeit bis zum Erreichen der Belastungsspitze 53 millisekunden für das ACL und 58 millisekunden für das MCL betrug, so dass die erste Schätzung auf der Grundlage von Videos sogar recht nahe lag. Die Spitzenbelastung wurde in einem Bereich von 48 bis 61 ms erreicht, während unterschiedliche Risikoprofile nicht zu unterschiedlichen Zeiten bis zur Spitzenbelastung führten.
Die Gruppe kommt zu dem Schluss, dass kontaktlose Verletzungen des Kreuzbandes am wahrscheinlichsten in den ersten 61 ms nach dem Aufprall auftreten, unabhängig vom Abduktionsmoment des Knies oder dem relativen Verletzungsrisiko. Allerdings war die Gruppe nicht in der Lage, Daten aus Rupturversuchen einzubeziehen, da der Dehnungsmessstreifen bei einem solchen Ereignis keine eindeutigen Daten lieferte. Die Gruppe gibt auch an, dass während eines Landeereignisses die in einem lebenden Bein auftretenden Muskelkontraktionen die auf ACL und MCL wirkenden Kräfte dynamisch verändern könnten.
Wir denken, dass das Verständnis der zeitlichen Parameter dieses Verletzungsmusters für die Prävention von entscheidender Bedeutung ist. Die Entwicklung von Schuhwerk oder intelligenten Orthesen, die das Verletzungsrisiko senken könnten, benötigt genau diese Art von Daten, und die Gruppe hat bei der Erhebung dieser Daten hervorragende Arbeit geleistet. Außerdem ist sie vollständig offen zugänglich – also schau sie dir hier einmal an!
Bates, N. A., Schilaty, N. D., Ueno, R., & Hewett, T. E. (2020). Timing of Strain Response of the ACL and MCL Relative to Impulse Delivery During Simulated Landings Leading up to ACL Failure, Journal of Applied Biomechanics, 36(3), 148-155. Retrieved Jun 8, 2020, from https://journals.humankinetics.com/view/journals/jab/36/3/article-p148.xml