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Kapitel I.II: Muskelkontraktion

Boris Dragutinovic 0

Dieses Kapitel soll die Kontraktion der Skelettmuskulatur, auf Grundlage der anatomischen Strukturen, die im vorherigen Kapitel gezeigt wurden, darstellen.

Die Erregung der Muskelzelle – die elektromechanische Kopplung

Um den Vorgang der Muskelkontraktion zu beschreiben, reicht es nicht aus, den Mechanismus auf der zellulären Ebene zu erklären. Die auszuführende Bewegung muss zunächst im Gehirn programmiert werden. Das entsprechende afferente Signal wird dann über das Rückenmark an das Alpha-Motoneuron weitergeleitet, das mehrere Muskelfasern innerviert. An der motorischen Endplatte (der Synapse, die die Erregung von der Nervenfaser auf die Muskelfaser überträgt) sorgt das Signal für die Freisetzung von Acetylcholin in den synaptischen Spalt. Die Mechanismen im Nervensystem und in der Muskelfaser sind voneinander abhängig und daher schwer zu trennen, so dass zunächst die Ausgangssituation in den Muskeln erklärt werden muss, bevor die Verarbeitung des afferenten Signals beschrieben werden kann. Die Koordination der beiden Vorgänge, die Weiterleitung des Reizes und die endgültige Kontraktion der Muskelfaser, wird als „elektromechanische Kopplung“ bezeichnet. Muskelfasern sind wie Nervenfasern erregbar und werden im Ruhezustand durch ein sogenanntes Ruhemembranpotential charakterisiert. Entlang der Zellmembran sind verschiedene negativ geladene Teilchen (Anionen) und positiv geladene Teilchen (Kationen) verteilt. Extrazellulär liegt eine höhere Konzentration von Natrium und Chlorid, aber auch etwas Kalium vor. Intrazellulär ist die Konzentration von Kalium sowie von negativ geladenen Anionen vergleichsweise höher, so dass der Intrazellulärraum im Vergleich zum Extrazellulärraum negativ geladen ist (-90mV). Zusätzlich besteht durch die ungleiche Verteilung der Ionen ein Konzentrationsgradient.

Was passiert nun, wenn Acetycholin freigesetzt wird? Das Acetycholin bindet an chemisch aktivierte Natriumkanäle (NaC), die dadurch für Natriumionen durchlässiger werden, sodass diese ins Zellinnere gelangen können. Wenn die positiv geladenen Natrium-Ionen in den intrazellulären Raum diffundieren, wird dieser zunehmend positiv. Wenn sich genügend Natriumkanäle öffnen, sodass die Schwelle von -55mV überschritten wird, werden spannungsempfindliche Natriumkanäle (NaV 1.4) aktiviert. Der Einstrom von Natrium wird dadurch schlagartig beschleunigt, so dass die Zelle kurzzeitig sogar einen positiven Ladungszustand (+20mV) erreichen kann. Dieser sogenannte “Overshoot“ tritt nur dann auf, wenn die Depolarisation durch die chemisch aktivierten Natriumkanäle den Schwellenwert von -55mV überschreitet. Wird dieser nicht erreicht, wird das Potenzial nicht weitergeleitet (Alles-oder-nichts-Gesetz).

Abbildung 1 – Verteilung der Ionen während des Ruhemembranpotentials. https://quizlet.com/365660978/resting-membrane-potential-diagram/

Die Erregungsübertragung erfolgt auf zwei Ebenen, einmal entlang der Muskelfaser am Sarkolemm, um eine synchrone Kontraktion der Muskeln zu gewährleisten, und zusätzlich in die Tiefe der Muskelfaser über das T-Tubuli-System. Entlang der Membran der T-Tubuli befinden sich spannungsabhängige Natriumkanäle, die die Übertragung der Erregung ermöglichen. In der Tiefe der Muskelfaser aktiviert das Aktionspotential den spannungsempfindlichen Dihydropyridinrezeptor (DHPR). Durch eine Konformationsänderung des DHPR öffnet sich der Ryanodinrezeptor, der die Kalziumfreisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum reguliert. Diese Freisetzung von Kalzium initiiert den Querbrückenzyklus.

Die Mechanik der Muskelkontraktion

Der Querbrückenzyklus – die „mechanische“ Muskelkontraktion – beginnt mit der Umlagerung von Troponin C durch das Calcium, sodass die Bindungsstellen am Aktin freigegeben werden. Der Myosinkopf kann nun an die freien Bindungsstellen des Aktins binden. Die schweren Myosinketten werden mit ADP und einem Phosphat beladen. Durch die Abspaltung des Phosphats wird der „Ruderschlag“ eingeleitet, der das Aktinfilament relativ zum Myosinfilament bewegt. Zusätzlich wird auch das ADP abgespalten, sodass sich der Myosinkopf stärker kippt und die Z-Scheiben näher zusammenrücken. Damit weitere „Ruderschläge“ erfolgen können, muss die Verbindung zwischen Aktin und Myosin gelöst werden. Dazu wird ATP benötigt, das sich an den Myosinkopf anlagert und die Affinität zum Aktin senkt. ATP wird hydrolysiert, ADP und Phosphat verbleiben am Myosin, woraufhin die Ausgangsposition für die Neubindung der Filamente wiederhergestellt ist („Erholungsschlag“).

Doch wie wird die Ausgangssituation wiederhergestellt, um die Zelle wieder erregbar zu machen?

Zuvor diffundierte Kalium in den Extrazellulärraum, während Natrium in die Zelle „verloren“ ging. Dieser Vorgang wird nun durch die Natrium-Kalium-Pumpe rückgängig gemacht. Die Repolarisation erfolgt durch den Austausch von extrazellulärem Kalium mit intrazellulärem Natrium. Durch diesen Prozess, der unter Energieverbrauch abläuft, wird das Ruhemembranpotential wiederhergestellt. Innerhalb der Muskelfaser muss das Kalzium wieder in das sarkoplasmatische Retikulum transportiert werden, um eine neue Kontraktion zu ermöglichen. Auch dieser Vorgang kostet Energie, die für den Rücktransport mittels der sarkoplasmatisch/endoplasmatischen Retikulum-Calcium-ATPase (SERCA) aufgewendet wird. Solange diese Prozesse nicht abgeschlossen sind, ist keine neue Muskelkontraktion möglich.

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